Vor einigen Tagen erhielten wir den verzweifelten Hilferuf einer engagierten Mitarbeiterin aus einer Jugendgerichtshilfe. Die Fachkraft betreut sein kurzem einen 18-jährigen in U-Haft sitzenden Jugendlichen.
Der junge Mann war bereits vor Haftantritt obdachlos, hat eine „Heimkarriere“ hinter sich. Danach Drogenmilieu, schlussendlich Straße, finanziert durch Beschaffungskriminalität. Daher wurde er in U-Haft genommen.
Die Verhandlung endete nun mit einer Bewährung. Das heißt, er wurde ohne Obdach, ohne Ressourcen und ohne finanzielle Absicherung aus der Gerichtsverhandlung entlassen.
Welche Chance bietet sich diesem jungen Mensch also, sich zu bewähren?
Wir möchten diesem Jugendlichen kurzfristig eine Perspektive in unserer Wohngemeinschaft „AWAG Mittelmühle“ bieten.
Da wir für unsere Arbeit keine Gelder aus öffentlicher Hand bekommen, benötigen wir dringend deine Unterstützung. Bitte helft uns mit einer Spende, damit wir die Arbeit mit Leon beginnen können.
In vergangenen Blog-Einträgen haben wir euch Einblicke in die möglichst wöchentliche Freizeitbeschäftigung gegeben. In unserer Arbeit mit Entkoppelten Jugendlichen sind diese Maßnahmen von großer Bedeutung.
Wir versuchen den jungen Menschen , neben der Arbeitsgewöhnung und persönlichen Problembewältigung, auch positive Erlebnisse über die Freizeit zu ermöglichen. Hierzu organisieren wir Ausflüge in die Natur, bei denen sich die Jugendlichen aktiv betätigen. So regen wir nicht nur Körper und Geist an, sondern zeigen den Jugendlichen auch eine andere Welt, die sich von Langeweile, Drogenkonsum und „Dummheiten anstellen“ unterscheidet.
Heute waren wir mit den Fahrrädern am Werratal-See bei Eschwege unterwegs. Folgende Aufnahmen sind dabei entstanden.
Der Ausflug hat auch diesmal „unseren Jungs“ wieder sehr gefallen und Kraft gegeben. Diese Erlebnisse sind für sie immens wichtig, um Stress abzubauen und schöne Dinge fernab ihrer alten Herkunft zu erleben…
Da wir diese Ausflüge rein ehrenamtlich und in unserer Freizeit verrichten, suchen wir hier noch ehrenamtliche Unterstützung. Wenn Du dich also angesprochen fühlst und zwischen Eisenach und Eschwege wohnst, kontaktiere uns einfach unter kontakt@colab.de.
Natürlich freuen wir uns auch um jede Geldspende, damit wir entkoppelten Jugendlichen weiterhin diese sinnvollen Aktivitäten bieten können!
# Arbeit mit entkoppelten Jugendlichen / Pädagogik
Im Blogeintrag vom 04.04.2021 haben wir euch von der Wichtigkeit unserer Freizeitbeschäftigungen berichtet.
Auch an dem letzten April-Wochenende waren wir bei schönem Wetter wieder in Kleingruppen unterwegs. Diesmal sind wir mit den eScootern der Werra gefolgt. Dabei sind folgende Bilder entstanden, die wir euch nicht vorenthalten möchten.
Der Ausflug hat auch diesmal „unseren Jungs“ wieder sehr gefallen und Kraft gegeben. Diese Erlebnisse sind für sie immens wichtig, um Stress abzubauen und schöne Dinge fernab von Gangsta-Rap und Ghetto Gehabe zu erleben…
Da wir diese Ausflüge rein ehrenamtlich und in unserer Freizeit verrichten, suchen wir hier noch ehrenamtliche Unterstützung. Wenn Du dich also angesprochen fühlst und zwischen Eisenach und Eschwege wohnst, kontaktiere uns einfach unter kontakt@colab.de.
Natürlich freuen wir uns auch um jede Geldspende, damit wir entkoppelten Jugendlichen weiterhin diese sinnvollen Aktivitäten bieten können!
# Arbeit mit entkoppelten Jugendlichen / Pädagogik
Es gehört zu unserem Konzept, dass junge Menschen auch mal für längere Zeit abhauen. So geschehen vor etwa 2 Monaten. Einer „unserer“ Jungs konnte dem Reiz der Welt nicht widerstehen: Er fühlte sich durch seinen bisherigen Lebensweg eingeschränkt, zu mühsam war das alles. Es musste doch auch schneller gehen? Sein Bruder hatte bereits eine Wohnung und schien damit viel Spaß zu haben! Also packte der Junge kurzerhand seine Sachen und war fort…
Dies erleben wir immer wieder und es gehört zu dem Weg dazu. In so einem Fall bieten wir an, den Kontakt zu halten, auch wenn „der Abgang“ manchmal „unschön“ ist.
Vor ein paar Tagen dann kam der Junge nun wieder zurück. Etwas „zerstört“, mit viel Hunger, aber auch mit neuen und wertvollen Erfahrungen. Wir wissen ,dass diese Erfahrungen wichtig sind für „unsere“ Schützlinge.
Coming-back Option: In die AWAG Mittelmühle können sie immer wieder hin, das ist immer ihr Zuhause.
In der etablierten Jugendhilfe wäre so etwas eher undenkbar. Entweder würde z.B. bei einem 17-Jährigen die Polizei hinterher geschickt, oder es wäre bei jungen Volljährigen nach so einer „Aktion“ der Geldhahn abgedreht…
# Arbeit mit entkoppelten Jugendlichen / Pädagogik
Entkoppelte Jugendliche sind oftmals gefangen in ihrer eigenen Lebenswelt. Diese ist äußerlich betrachtet geprägt von Unsicherheit, Perspektivlosigkeit und Langeweile. Aber auch von der Unwissenheit der eigenen Interessen, Talenten und Fähigkeiten. Was fehlt, ist der Sinn:
Wofür möchte ich mein Leben einsetzen, wie möchte ich das haben?
Dieser Tristesse entkommen die Jungen Menschen durch eine Flucht in den Konsum von Suchtmitteln. Durch diese Selbstmedikation scheint die Welt erträglich, ein Teufelskreis entsteht. Diese Jugendlichen „funktionieren “ dann irgendwann nicht mehr, werden aussortiert, entkoppelt, nicht mehr erreicht.
Diesem Kreis kann man entkommen, wenn man andere Dinge kennen lernt. An diesem Punkt setzt CoLab an. Daher ist, wenn man den Kontakt erstmal wieder besitzt, auch die sinnvolle Gestaltung der Freizeit einer der sehr wichtigen Aspekte unserer Arbeit.
Gestern waren wir (selbstverständlich unter Einhaltung der Corona-Hygiene) mal wieder in der Natur unterwegs. Eine Kleingruppe besuchte den „Point India“ bei Lüderbach / Ifta, einem ehemaligen US-Stützpunkt an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze.
Insgesamt war das wieder ein sehr schönes Erlebnis, welches wir unseren „Schützlingen“ bieten konnten.
Da wir diese Dinge rein ehrenamtlich und in unserer Freizeit verrichten, suchen wir hier noch ehrenamtliche Unterstützung. Wenn Du dich also angesprochen fühlst und zwischen Eisenach und Eschwege wohnst, kontaktiere uns einfach unter kontakt@colab.de.
Natürlich freuen wir uns auch um jede Geldspende, damit wir entkoppelten Jugendlichen weiterhin diese sinnvollen Aktivitäten bieten können!
In seinem Leben kommt man nur vorwärts, wenn man einen klaren Kopf hat. Nur dann ist man in der Lage seine Ziele zu verfolgen, sich um seinen Alltag zu kümmern und sein Leben erfüllt zu leben.
Um diesen Zustand zu erreichen führt der Weg unsere jungen Menschen immer wieder in verschiedene Entgiftungseinrichtungen. Hier haben sie die Möglichkeit sich in einem geschützten Rahmen vom Drogenkonsum zu befreien und sich neu zu fokussieren.
Der Kampf gegen die Sucht ist kein gradliniger – erkennen, Hilfe annehmen, Entgiftung, Therapie & alles ist gut – so leicht ist es leider, leider nicht. Tatsächlich bewegt sich der Kampf gegen die Sucht in einer Spirale, bei der alle Stationen mehrfach durchlaufen werden.
Aber mit jedem Mal wird es ein Stück besser. Mit jedem Mal lernt der junge Mensch mehr über sich, sein Wille zur Abstinenz wird stabiler und die eigenen Fähigkeiten wachsen.
Sicher, kein leichter Weg, aber er kann funktionieren. So auch bei unserem P, der sich während seiner aktuellen Entgiftung sogar zu einer Langzeittherapie entschlossen hat.
Wir sind sehr stolz. Und irgendjemand wird sich über das Geschenk, welches P in seiner Entgiftung gebastelt hat, sicher sehr freuen 😉
Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind in der Arbeit mit entkoppelten Jugendlichen die wesentlichen Grundlagen, gerade dann, wenn die jungen Menschen bislang wenig Vertrauen in die Zuverlässigkeit Erwachsener fassen konnten.
Bei aller Individualität der jungen Menschen müssen zum Zwecke der Nachvollziehbarkeit klare Richtlinien herrschen, Regeln und Erwartungen müssen eindeutig benannt sein. Wir, die CoLab, haben neben den üblich geltenden Regeln der Hausordnung ganz klar noch die folgenden Dinge formuliert: jeder junge Mensch, der von uns unterstützt werden möchte, muss den Willen zur Veränderung seiner derzeitigen Lebensumstände haben. Zu Beginn ist dies natürlich meist noch ein Wunsch, aber wenn sich der eigene Wille hierzu nicht entwickelt, wird die Hilfe nicht erfolgreich sein können. Im Gegenteil, da sie einseitig ist, ist sie vergebens.
Darüber hinaus gibt es in jeder Gesellschaft / Gruppe gemeinsame Werte, die die Erwartungen des Miteinanders beschreiben, damit ebenso die Grundlage für deren Funktionieren und den Erhalt. Gemeinsam mit den jungen Menschen, die von CoLab unterstützt werden, haben wir unsere Werte gefunden. Diese sind:
Alle unsere Richtlinien und Werte müssen nun im Alltag ihre Tragfähigkeit beweisen. Erfahrungsgemäß reicht es hierbei nicht die Richtlinie bei der Ankunft eines jungen Menschen einmalig zu besprechen und ggf. unterschreiben zu lassen – so geraten sie mehr oder weniger schnell aus dem Augen und damit in Vergessenheit. Um dem vorzubeugen hilft es nur sie aktiv zu leben. Wesentlich hierbei ist zunächst sicherlich die Vorbildfunktion. Darüber hinaus finden natürlich immer wieder Gespräche über unsere Richtlinien – vor allem bei unseren Werten ist das Einbinden in unsere tägliche Arbeit natürlich gut möglich – statt. Um vor allem unsere Werte hervorzuheben, hängen diese präsent an einer Pinnwand in unserem Eingangsbereich.
Bis hierhin sind wir jedoch erst bei den Grundlagen des vereinbarten Miteinanders – wir haben festgelegt, was uns im Miteinander wichtig ist und wir haben die Erwartungen festgelegt. Was folgt ist die Frage, wie jedem einzelnen jungen Menschen wirklich bewusst wird, wo er auf seinem Weg, den er gehen will, gerade steht. Wie ernsthaft verfolgt er sein Ziel? Arbeitet er tatsächlich an den Dingen, die er sich vorgenommen hat? Und was steht dem eventuell im Weg?
Da wir uns auf den eigenen Willen jedes jungen Menschen berufen, ist es zunächst maßgeblich, dass auch jeder junge Mensch seine Ziele, die er erreichen will, formulieren kann. Denn nur wenn ich Ziele habe, weiß ich für was ich mich anstrengen will. Die großen Zielen – „ich will eine Ausbildung“ oder „ich will weg von den Drogen“- sind schnell formuliert und bei jedem unserer jungen Menschen kompatibel. Wesentlich sind jedoch die kleineren, individuelleren Ziele, die jeder junge Mensch zunächst herausfinden und erarbeiten muss. Dies ist häufig ein holpriger und anstrengender Weg, denn die eigenen Wünsche und Ziele herauszufinden und zu formulieren will gelernt sind. Haben wir diese Hürde genommen, schreiben wir die Ziele auf, drucken sie aus, laminieren sie und hängen sie schlussendlich an der Pinnwand des jeweiligen jungen Menschen auf – so sind sie schnell greifbar und geraten nicht in Vergessenheit.
Aus den gesetzten Zielen ergeben sich natürlich Aufgaben, denn Ziele sind schließlich nur erreichbar, wenn man etwas dafür tut.
Deshalb sitzen wir jeden Morgen mit unseren Jungs zusammen und besprechen wie der Tag gestaltet wird. Und neben den anstehenden Aufgaben des Arbeitsblocks und anderen notwendigen Dingen finden auch die Aufgaben ihren Platz, mit denen jeder Einzelne an seinen persönlichen Zielen arbeitet.
Mit diesem Vorgehen lässt sich dann gut erkennen wie aktiv und ernsthaft ein junger Mensch an seine Ziele verwirklicht. In einem Entwicklungsgespräch kann dann gemeinsam der Verlauf der letzten Tage oder Wochen transparent und nachvollziehbar besprochen werden.
Um das Arbeiten an den eigenen Zielen, aber auch das Einhalten unserer Richtlinien und Werte transparent und nachvollziehbar zu machen, haben wir ein Kartensystem entwickelt, welches wir konsequent nutzen. Dieses zeigt dann anschaulich die Schwächen eines jungen Menschen, gleichzeitig lassen sich ebenso Rückschlüsse auf die Dinge ziehen, die gut laufen. Unser Kartensystem besteht aus sechs unterschiedlichen Kartenfarben mit entsprechend unterschiedlicher Bedeutung und Signalwirkung.
Die von uns am häufigsten verteilte Karte ist die Gelbe, sie macht auf Pflichtverletzungen aufmerksam, wie etwa einen nicht erledigten Putzdienst oder auf das Nichteinhalten der Tagesstruktur, wenn also beispielsweise nicht pünktlich aufgestanden wird. Diese Karten haben in aller Regel eine Konsequenz zur Folge, wie zum Beispiel die Nacharbeit der verschlafenen Zeit an einem Samstag.
Unsere blauen Karten dokumentieren den Konsum von Suchtmitteln. Sie helfen dabei eine Konsumentwicklung zu belegen und bieten klare Fristen, beispielsweise bis wann eine externe Entgiftung anzutreten ist.
Neben der roten Karte, ist eine schwarze Karte besonders tragisch, denn diese signalisiert die fehlende Mitwirkungsbereitschaft und in der Konsequenz bedeutet dies natürlich, dass die CoLab nicht in der Lage ist mit diesen jungen Menschen zu arbeiten.
Dies waren nun, kurz beschrieben, die Grundideen unserer pädagogischen Arbeit. Sie symbolisieren den Rahmen, den die CoLab bietet. Umgesetzt werden können diese allerdings nur, da sie von allen Seiten Akzeptanz finden. Bedeutend ist sicherlich, dass sie nicht über den Kopf der jungen Menschen hinweg stattfinden, sondern mit ihnen gemeinsam.
So hat jeder junge Mensch seinen Weg in der eigenen Hand, die CoLab kann und möchte hierbei eine Begleitung bieten.
Mustafa bereitet sich auf seine Prüfungen zum Realschulabschluss vor – wer hätte das für möglich gehalten?
2015 kam Mustafa, wie viele andere minderjährige und unbegleitete Flüchtlinge aus Syrien nach Deutschland. Die Integration in ein anderes System, andere Werte und Erwartungen gestaltete sich nicht problemlos. Das Erlangen des Hauptschulabschlusses war immer sein Ziel, dennoch waren sein regulärer Schulbesuch von Schwierigkeiten und daraus resultierenden Schulwechseln geprägt. 2019 musste er dann auf Grund seines Verhaltens seine letzte reguläre Schule verlassen und verlor damit die Chance auf einen „normalen“ Abschluss.
Damit ging es Mustafa wie der Mehrheit unserer entkoppelten Jugendlichen: auf Grund von wie auch immer gearteten Schwierigkeiten gelingt es diesen jungen Menschen nicht ihre Schule erfolgreich abzuschließen. Laut Bundestag haben „im Jahr 2017 bundesweit 6,9 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne einen Schulabschluss verlassen.“ (Bundestag 19/14054)
Diese Zahl beschreibt, zumindest zu einem gewissen Anteil, eine bereits aus der Schule abgekoppelte heterogene Gruppe von jungen Menschen mit unterschiedlichen Schicksalen. Die Werte, die diese Gruppe vereint sind jenseits dem leistungsorientierten, angepassten und zielstrebigen Durchschnitt zu suchen. Stattdessen findet ein Leben im Moment statt – ohne Gedanken an die Zukunft, ohne Strategie und ohne Ziele.
Erst im Laufe der Zeit wird diesen jungen Menschen manchmal klar, dass ein Schulabschluss die Grundlage für eine Ausbildung und damit für ein selbstverantwortliches Lebens ist.
In unserer Gesellschaft sind verschiedene Anknüpfungspunkte etabliert, die diese jungen Menschen nach dem Abgang aus der regulären Schule auffangen könnten und sogar die Chance auf einen gleichgestellten Schulabschluss für Nichtschüler bieten. Die Probleme dabei sind allerdings, dass von den jungen Menschen das gleiche Maß an Selbstorganisation und Verlässlichkeit erwartet wird wie zuvor in der Schule. Zum anderen werden durch das dort vorhandene Klientel alte Gewohnheiten und Kontakte getriggert, somit beginnt häufig eine erneute Spirale von Maßnahmeabstinenz und Orientierungslosigkeit.
Was also tun?
Nachdem wir diese Problematik erkannt hatten, haben wir uns vor einigen Jahren dazu entschieden die Vorbereitung auf den Schulabschluss für Nichtschüler CoLab-intern anzubieten. Unsere Jungs sind dabei natürlich eingebunden in ihren „CoLab-Alltag“ – sie haben ein verlässliches Umfeld, all ihre Probleme und Anliegen werden ernst genommen und sie haben für sich Ziele gefunden, die sie im Leben erreichen wollen. Mit diesem erkannten Sinn gelingt auch das Lernen für den Schulabschluss.
Die jungen Menschen, die diesen Weg bei uns gehen, werden von uns intensiv auf alle anstehenden mündlichen und schriftlichen Prüfungen vorbereitet. Die Vorteile hierbei sind, dass der notwendige Unterricht in Kleinstgruppen stattfindet und wir eine Lernatmosphäre haben, die jenseits der üblichen Schulkultur liegt. Damit sind nicht nur die Trigger des Umfeldes, sondern auch des Schulabsentismuses nicht vorhanden.
Die schriftlichen und mündlichen Prüfungen werden dann in Kooperation mit einer staatlichen Schule abgenommen – hier gibt es wahnsinnig tolle LehrerInnen, die unser Klientel kennen und verstehen und diese umsichtig durch ihre Prüfungen bringen.
Diesen Weg ist Mustafa gemeinsam mit seinem Kumpel Rawan im vergangenen Jahr gegangen. Beide Jungs haben im Januar erfolgreich ihren Hauptschulabschluss abgelegt.
Da Mustafa mit dem Ergebnis seines qualifizierenden Hauptschulabschlusses zwar zufrieden, aber noch nicht vollends glücklich war, hat er sich vorgenommen seinen Realschulabschluss zu erreichen. Und so sitzt er heute hier und rechnet seine Matheaufgaben.
Tagesabläufe, die ohne jede Struktur sind, ein Leben, in dem die Ziele fehlen, junge Menschen, die keine Vorstellung davon haben, wer sie sind und was sie wollen – das ist ein Teil des Gepäckes mit dem unsere Jugendlichen bei uns ankommen.
Den jungen Menschen, die sich an uns wenden, um ihrem Leben eine Wendung zu geben ist bewusst, dass sie irgendetwas ändern wollen, das irgendetwas besser werden soll oder irgendetwas aufhören soll. Häufig ergießt sich diese Erkenntnis in einem Schwall von Pauschalitäten – „Ich will mein Leben in den Griff bekommen.“ ist hier so eine typische Aussage. Sicherlich, dass ist der erste wichtige Schritt – aber wie geht es nun konkret weiter?
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Person, dem wer man eigentlich ist und vor allem mit dem Menschen, der man sein will, ist ein wesentlicher Aspekt unserer täglichen Arbeit. Diese Herausforderung fechten unsere Jungs sowohl alleine, wie auch mit unserer Unterstützung aus.
Um einen Platz zu finden, an dem alle Gedanken und Ideen gesammelt werden können, hat das Team der CoLab vor einiger Zeit aus einer losen Sammlung von Ideen und Arbeitsblättern „Mein Buch“ entwickelt. Dieses bekommt nun jeder junge Mensch, der bei uns seinen Neuanfang startet, um es zu füllen.
Gerade in der Anfangszeit bietet das Buch einen geführten und strukturierten Rahmen, um sich mit den verschiedensten Aspekten des eigenen Lebens auseinandersetzen zu können. Es geht beispielsweise um die eigenen Talente, um die Dinge, mit denen man zufrieden ist, um das, was man ändern möchte, welche Vorstellungen vom eigenen Leben man hat usw.
Das Buch ist aber auch eine Strukturhilfe, in der Gedanken und Ideen gesammelt werden können. Unsere Jungs schreiben darin nieder, wie es ihnen geht und was sie beschäftigt. Es bietet Platz für die Tagesplanung, welche wir jeden Morgen nach dem Frühstück gemeinsam besprechen, aber zum Beispiel auch für die Tagesreflexion.
Es wird ebenso genutzt, um Sachen aufzuschreiben, die nicht vergessen werden sollen oder einfach um Dinge festzuhalten, die im Kopf rumgehen. Damit ist es dann ein gutes Instrument, um sich auf das nächste Gespräch oder vielleicht eine bevorstehende Therapie vorzubereiten.
Das Buch haben wir zu Beginn sehr strukturiert gestaltet, was sich aber immer weiter auflöst, so dass es zur freien und individuellen Nutzung ideal ist.
Für uns als Team hat sich schnell gezeigt, dass die Jungs, die tatsächlich an sich arbeiten wollen und sich somit mit sich selbst auseinandersetzen das Buch nutzen – oft sehr intensiv.