# Arbeit mit entkoppelten Jugendlichen
Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind in der Arbeit mit entkoppelten Jugendlichen die wesentlichen Grundlagen, gerade dann, wenn die jungen Menschen bislang wenig Vertrauen in die Zuverlässigkeit Erwachsener fassen konnten.
Bei aller Individualität der jungen Menschen müssen zum Zwecke der Nachvollziehbarkeit klare Richtlinien herrschen, Regeln und Erwartungen müssen eindeutig benannt sein. Wir, die CoLab, haben neben den üblich geltenden Regeln der Hausordnung ganz klar noch die folgenden Dinge formuliert: jeder junge Mensch, der von uns unterstützt werden möchte, muss den Willen zur Veränderung seiner derzeitigen Lebensumstände haben. Zu Beginn ist dies natürlich meist noch ein Wunsch, aber wenn sich der eigene Wille hierzu nicht entwickelt, wird die Hilfe nicht erfolgreich sein können. Im Gegenteil, da sie einseitig ist, ist sie vergebens.
Darüber hinaus gibt es in jeder Gesellschaft / Gruppe gemeinsame Werte, die die Erwartungen des Miteinanders beschreiben, damit ebenso die Grundlage für deren Funktionieren und den Erhalt. Gemeinsam mit den jungen Menschen, die von CoLab unterstützt werden, haben wir unsere Werte gefunden. Diese sind:
Alle unsere Richtlinien und Werte müssen nun im Alltag ihre Tragfähigkeit beweisen. Erfahrungsgemäß reicht es hierbei nicht die Richtlinie bei der Ankunft eines jungen Menschen einmalig zu besprechen und ggf. unterschreiben zu lassen – so geraten sie mehr oder weniger schnell aus dem Augen und damit in Vergessenheit. Um dem vorzubeugen hilft es nur sie aktiv zu leben. Wesentlich hierbei ist zunächst sicherlich die Vorbildfunktion. Darüber hinaus finden natürlich immer wieder Gespräche über unsere Richtlinien – vor allem bei unseren Werten ist das Einbinden in unsere tägliche Arbeit natürlich gut möglich – statt. Um vor allem unsere Werte hervorzuheben, hängen diese präsent an einer Pinnwand in unserem Eingangsbereich.
Bis hierhin sind wir jedoch erst bei den Grundlagen des vereinbarten Miteinanders – wir haben festgelegt, was uns im Miteinander wichtig ist und wir haben die Erwartungen festgelegt. Was folgt ist die Frage, wie jedem einzelnen jungen Menschen wirklich bewusst wird, wo er auf seinem Weg, den er gehen will, gerade steht. Wie ernsthaft verfolgt er sein Ziel? Arbeitet er tatsächlich an den Dingen, die er sich vorgenommen hat? Und was steht dem eventuell im Weg?
Da wir uns auf den eigenen Willen jedes jungen Menschen berufen, ist es zunächst maßgeblich, dass auch jeder junge Mensch seine Ziele, die er erreichen will, formulieren kann. Denn nur wenn ich Ziele habe, weiß ich für was ich mich anstrengen will. Die großen Zielen – „ich will eine Ausbildung“ oder „ich will weg von den Drogen“- sind schnell formuliert und bei jedem unserer jungen Menschen kompatibel. Wesentlich sind jedoch die kleineren, individuelleren Ziele, die jeder junge Mensch zunächst herausfinden und erarbeiten muss. Dies ist häufig ein holpriger und anstrengender Weg, denn die eigenen Wünsche und Ziele herauszufinden und zu formulieren will gelernt sind. Haben wir diese Hürde genommen, schreiben wir die Ziele auf, drucken sie aus, laminieren sie und hängen sie schlussendlich an der Pinnwand des jeweiligen jungen Menschen auf – so sind sie schnell greifbar und geraten nicht in Vergessenheit.
Aus den gesetzten Zielen ergeben sich natürlich Aufgaben, denn Ziele sind schließlich nur erreichbar, wenn man etwas dafür tut.
Deshalb sitzen wir jeden Morgen mit unseren Jungs zusammen und besprechen wie der Tag gestaltet wird. Und neben den anstehenden Aufgaben des Arbeitsblocks und anderen notwendigen Dingen finden auch die Aufgaben ihren Platz, mit denen jeder Einzelne an seinen persönlichen Zielen arbeitet.
Mit diesem Vorgehen lässt sich dann gut erkennen wie aktiv und ernsthaft ein junger Mensch an seine Ziele verwirklicht. In einem Entwicklungsgespräch kann dann gemeinsam der Verlauf der letzten Tage oder Wochen transparent und nachvollziehbar besprochen werden.
Um das Arbeiten an den eigenen Zielen, aber auch das Einhalten unserer Richtlinien und Werte transparent und nachvollziehbar zu machen, haben wir ein Kartensystem entwickelt, welches wir konsequent nutzen. Dieses zeigt dann anschaulich die Schwächen eines jungen Menschen, gleichzeitig lassen sich ebenso Rückschlüsse auf die Dinge ziehen, die gut laufen. Unser Kartensystem besteht aus sechs unterschiedlichen Kartenfarben mit entsprechend unterschiedlicher Bedeutung und Signalwirkung.
Die von uns am häufigsten verteilte Karte ist die Gelbe, sie macht auf Pflichtverletzungen aufmerksam, wie etwa einen nicht erledigten Putzdienst oder auf das Nichteinhalten der Tagesstruktur, wenn also beispielsweise nicht pünktlich aufgestanden wird. Diese Karten haben in aller Regel eine Konsequenz zur Folge, wie zum Beispiel die Nacharbeit der verschlafenen Zeit an einem Samstag.
Unsere blauen Karten dokumentieren den Konsum von Suchtmitteln. Sie helfen dabei eine Konsumentwicklung zu belegen und bieten klare Fristen, beispielsweise bis wann eine externe Entgiftung anzutreten ist.
Neben der roten Karte, ist eine schwarze Karte besonders tragisch, denn diese signalisiert die fehlende Mitwirkungsbereitschaft und in der Konsequenz bedeutet dies natürlich, dass die CoLab nicht in der Lage ist mit diesen jungen Menschen zu arbeiten.
Dies waren nun, kurz beschrieben, die Grundideen unserer pädagogischen Arbeit. Sie symbolisieren den Rahmen, den die CoLab bietet. Umgesetzt werden können diese allerdings nur, da sie von allen Seiten Akzeptanz finden. Bedeutend ist sicherlich, dass sie nicht über den Kopf der jungen Menschen hinweg stattfinden, sondern mit ihnen gemeinsam.
So hat jeder junge Mensch seinen Weg in der eigenen Hand, die CoLab kann und möchte hierbei eine Begleitung bieten.