Benefizabend der Soroptimisten Speyer und der Zontas Speyer-Germersheim zugunsten des Frauen und Mädchenhauses „Alte Hofreite“

Der inflationäre Umgang mit dem Begriff „Paradies“ scheint für Nessi Tausendschön der Anlass gewesen zu sein, sich darüber so ihre Gedanken zu machen. Am vergangenen Freitag brachte sie das Resultat ihrer Überlegungen, eingebettet in ein abendfüllendes Kabarettprogramm, den Besuchern in der ausverkauften Speyerer Stadthalle nahe. Das Paradies der Nessie Tausendschön, dem man sich mit Gummistiefeln nähern sollte – ihr Programm hat den Titel „Knietief im Paradies“ – ist eine wunderbare Welt aus Kabarett und Musik, Politik und Zeitgeist, Tanz und Theater.Allerdings werden Politik und Zeitgeist eher in einer „light Version“ abgehandelt, pointierte Aussagen sind da nicht ihr Ding. Nessies Waffe ist das feine Florett, nicht der verbale Säbel. So stellt sie sich die Frage, wenn muslimische Männer im Paradies 72 Jungfrauen bekommen, was bleibt für die Frauen, etwa 72 Kopftücher? Zwar kritisierte sie die Bundeskanzlerin wegen ihres mangelnden Rückgrats bei der Atomenergie, nahm sie aber gleichzeitig gegen die Attacken Seehofers in Schutz.

Auch Ursula von der Leyen bekam einen Streifschuss ab, mutmaßte die Künstlerin doch, sie habe mit ihren vielen Kindern nur deshalb Karriere machen können, weil sie die ganztags im Ikea-Kinderparadies abgegeben, es als Krippe missbraucht habe.

Das ist schon ziemlich schräg, was die multitalentierte Künstlerin auf der Bühne abzieht. Ihrem „Lieblingsinstrument“, der „singenden Säge“, entlockt sie schaurig schöne Töne, zu dem nach Nessies Auffassung ein melancholischer Text passe. Begleitet wurde Nessie Tausendschön vom Gitarristen William Mackenzie.

Zur Höchstform lief Nessie Tausendschön mit ihrer Bühnenfigur Gabi Pawelka, einer „Motivationstrainerin“ auf, die an ihren Erfahrungen, wie man zu Selbstbewusstsein und Erfolg kommt, teilhaben lässt: „Jeder Dritte von euch hat das Zeug zum Millionär“, berlinerte sie ins Publikum. „Ich kenne voll die Fachausdrücke und bin aus einem Siegersamen entstanden“, setzte sie einen drauf. Auch ihr Anforderungsprofil an einen Mann war Humor und Komik vom Allerfeinsten.

Am Ende honorierten die Besucher die Darbietungen von Nessie Tausendschön mit reichlich Applaus. Die Veranstaltung war ein Gemeinschaftsprojekt von „Soroptimist International Speyer“ und dem „Zonta Club Speyer-Germersheim“. Der Reinerlös geht an ein gemeinsames Projekt mit „CoLab“ in Speyer zur sozialen Integration und beruflichen Stabilisierung junger Menschen, die in Not geraten sind.

10 Jahre CoLab – Das Jubiläum

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Zehn Jahre CoLab, das ist ein Jahrzehnt erfolgreiche Arbeit mit jungen Menschen in schwieriger Lebenssituation. Das 2007 gegründete gemeinnützige Unternehmen kümmert sich um Jugendliche, die am Rande der Gesellschaft stehen und bei denen die klassische Jugendhilfe anfangs oft nicht mehr greifen kann: „Wo Andere aufgeben, bilden wir aus!“ , so der Leitspruch. Der Ansatz der Arbeit von CoLab ist ganzheitlich mit dem Ziel,  jungen Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, sie sozial zu festigen.

In einem weiteren Schritt werden sie zu gesuchten Fachkräften ausgebildet, beispielsweise für die IT-Branche oder in Pflegeberufe.

Zehn Jahre Vorgeschichte
CoLab war die Konsequenz aus zehn Jahren Jugendarbeit der Initiatoren Thomas Friedrich und Andreas Scherer. Zu den CoLab-Vorgängern gehörten unter anderem Medienprojekte wie das deutsch-russische Internetradio „rasik.de“ im Rahmen von „scram!“, bei denen die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Einheimischen und jugendlichen Spätaussiedlern im Mittelpunkt stand. Thomas Friedrich und Andreas Scherer erkannten, dass die Integrationsarbeit untrennbar mit der beruflichen Integration zusammenhängt. Verstärkt wurden sie aktiv, um ein Netzwerk mit Ausbildungspartnern in der Wirtschaft zu knüpfen. Die beiden Organisatoren gliederten die Integrationsarbeit aus dem Verein scram! e.V. in eine neue, noch formlose Organisation aus: CoLab.

CoLab setzt auf Partnerschaften
Von vornherein setzten Friedlich und Scherer auf Partnerschaften, beispielsweise mit dem Jugendgemeinschaftswerk, dem Jugendcafés Speyer-Nord und West oder aktuell der städtischen Musikschule.
CoLab sorgt als Modellprojekt bundesweit für Aufmerksamkeit. So wird Thomas Friedrich in der Reihe „Menschen mit Engagement“ des SWR als Vorbild-Mensch für die Aktion „Ehrensache“ portraitiert und Andreas Scherer stellt auf der Fachkonferenz „Online-Kompetenz für Migrantinnen und Migranten in Deutschland“ CoLab als gelungenes Praxisbeispiel vor.
Es entstehen mehrere Filme und Musikvideos als praktische Übungen im Rahmen von Praktika und der Ausbildung im Bereich Medien.
Ein weiterer Meilenstein ist 2008 der Erwerb eines alten Fachwerkhauses in Holzhausen Nordhessen), das von betreuten Jugendlichen unter fachlicher Anleitung renoviert wurde. Das Haus soll zum Abschalten vom Alltag und „Aufladen der Akkus“ genutzt werden.
Wie groß der Bedarf an qualifizierter Ausbildung bei der CoLab-Zielgruppe ist zeigt der Umstand, dass zum Leidwesen der Organisatoren immer wieder sehr viele geeignete Bewerber abgewiesen werden müssen, da nicht genügend Plätze zur Verfügung stehen.
Mit Miralem Sarkezi wird 2011 der erste Auszubildende nach erfolgreichem Abschluss von CoLab übernommen.
2013 öffnet das von CoLab und dem Jugendstadtrat unterstützte Jugendcafé Speyer-Mitte seine Pforten. Mit Veranstaltungen wie „Kultur im Fachkraftwerk“ von Andreas Scherer oder der Poetry Slam des Jugendstadtrats profiliert man sich auch im Kulturbereich.

Ganzheitlicher Ansatz
„Hol mich von der Straße…“ ist heute ein ganzheitliches Projekt für Jugendliche in Not mit dem Ziel, sie aufzufangen und sozial sowie beruflich zu festigen, damit sie als vollwertiges Mitglied unserer Gesellschaft ein selbstbestimmtes Leben führen können. Dieses Ziel erreichen wir durch die Kombination aus Wohngruppen und Ausbildungsbausteinen. Seit 2014 betreibt CoLab die Außenwohn- und Arbeitsgruppe „AWAG Mittelmühle“ in Nordhessen als Unterkunft sowie einem betreuten Schutz- und Entwicklungsraum zur Überwindung persönlicher, gesundheitlicher sowie seelischer Probleme. Dieses Angebot wird hauptsächlich über Mittel gemäß Sozialgesetzbuch VIII vom jeweils zuständigen Jugendamt finanziert. Ein Jahr später kommt noch eine weitere Verselbständigungswohngruppe für Azubis in Oetmannshausen (Nordhessen) hinzu. Hat man sich in der Vergangenheit ausschließlich um Jungs gekümmert, so ist inzwischen auch eine Wohngruppe im Aufbau , die auch Mädchen offensteht und einen Mutter-Kind-Platz anbieten soll.
Ausgebildet wird bei CoLab in einer Azubi-Firma mit den Standorten Speyer und Eisenach. Eingebunden ist die Azubifirma in ein Netzwerk von IT-Betrieben und Partnern der sozialen Arbeit.

Neue Projekte
Neuste Projekte sind die Herausgabe der Internetzeitung „speyer-aktuell.de“ und einer gedruckten Zeitung im Rahmen von CoLab Mediaworks. Neben dem Erhalt der Meinungs- und  Medienvielfalt in Lokalbereich soll jungen Menschen, die Beiträge in den elektronischen Medien veröffentlichen wollen, journalistische und sprachliche Kompetenz vermittelt werden. Auch die Ausbildung zu Redakteuren ist möglich.
Wegweisend ist auch das das laufende und von der Stadt Speyer geförderte Projekt „Wir produzieren Deinen eigenen Song“, bei dem sich Mädchen und Jungs im Alter von 14 bis 18 Jahren als Musiker, Sänger und Songschreiber in einem professionellen Tonstudio zu versuchen können. Kooperationspartner ist die städtische Musikschule.

Tag der offenen Tür in der Mittelmühle, Datterode

Die CoLab gGmbH lädt ein zum „TAG DER OFFENEN TÜR“ am Samstag, 21. Oktober, von 11 bis 18 Uhr, in der Jugendhilfe-Einrichtung „AWAG (Außenwohngruppe) Mittelmühle“ in der Mühlgasse 10 in Datterode. Die Besucher haben Gelegenheit, sich über die tägliche Arbeit mit den Jugendlichen sowie die kleinen und großen Projekte zu informieren und die Erfolge der geleisteten Arbeit persönlich in Augenschein zu nehmen. Interessant dürfte auch  sein zu sehen, wie sich Haus und Gelände in den vergangenen Jahren entwickelt haben.

Es besteht die Möglichkeit, das Tonstudio auszuprobieren oder die intelligente Energiesteuerung der Wasserkraft- und Solarstromanlagen in Augenschein zu nehmen. Für die Kleinen wird Kinderschminken angeboten. Auch der kulinarische Aspekt kommt nicht zu kurz.

nwe spendet hochwertigen Beamer an das Jugendcafé

Auch in diesem Jahr verzichtet die NWE – unser Ausbildungspartner – auf das Versenden von Weihnachtskarten und Präsenten und spendet den eingesparten Geldbartag an CoLab und das Jugendcafé. Hier überreicht nwe-Geschäftsführer Jochen Friedrich das Gerät für die Jugendarbeit an Sascha Strber, Leiter des Jugendcafé Speyer-Mitte.

Das ganze Team bedankt sich herzlich!

 

CoLab Projekte in 2016

Unsere Jugendlichen haben das Jugendcafé Speyer-Mitte weiter entwickelt und es war Ort vieler Jugendveranstaltungen und von vier Konzerten mit begeisterten Zuschauern. Unser Team und die Programmteilnehmer haben die Organisation übernommen und so für das leibliche Wohl gesorgt. Im Februar waren Reinig, Braun und Böhm mit einem Liederabend um die Pfalz zu Gast, im April Maria und Wolfgang Schuch zum Thema „die Felder von Verdun“, im Juni hat uns Paddy Schmidt mit einem irischen Abend auf die Insel geholt und im November lieferte Ivo Pügner eine Hommage an Reinhard Mey. Auch für 2017 sind weitere Konzerte und Jugendveranstaltungen in Planung.

Neben mehreren Medienprojekten stach Eines besonders heraus: Der Landkreis Werra-Meißner hat einen Wettbewerb zum Thema all Inclusive – Eure Inklusion ausgeschrieben. Die Teilnehmer der CoLab haben hierzu einen 5 minütigen Film produziert, diesen präsentiert und den dritten Preis bekommen. Neben der Urkunde gab es noch vom Landrat Herrn Reuß Freikarten für das Erlebnisbad und VIP Karten für ein mehrtägiges Open Air Konzert für unsere jungen Filmemacher.

Auch gabt es wieder zahlreiche IT-Projekte in unserer Ausbildungsfirma, bei denen unsere Teilnehmer produktive Hilfestellung leisten konnten und dies‘ sowohl bei Privatpersonen aber auch bei Organisationen und Firmen. So lernen sie erste Schritte in Vorbereitung auf ihre Ausbildung und bekommen Selbstvertrauen. Neben dem Büro in Speyer wurde eine Niederlassung in Eisenach eröffnet, um die Mitte und den Osten Deutschlands von dort aus zu bearbeiten. Neben den Plätzen für Qualifizierungen und Praktika haben wir zurzeit 8 Auszubildende, drei im 1. Lehrjahr, zwei im 2. Lehrjahr und drei im 3. Lehrjahr. Bislang wurden mehr als 30 Lehren bei der CoLab erfolgreich abgeschlossen.

2016 hat der erste eigene Schüler der CoLab seinen Hauptschulabschluss gemacht. Gelehrt und gelernt wurde im Haus, die Prüfung wurde vor einem offiziellen Gremium abgelegt. Hier konnte Chris mit seiner Präsentation zum Thema erneuerbare Energien und Wasserkraft eine glatte EINS erzielen und sich die gleiche Note für den Gesamtabschluss sichern. Herzlichen Glückwunsch!

Die Alte Hofreite – unser neues Mädchenhaus in Rittmannshausen – ist jetzt auf dem neusten technischen Stand. Hier wurden viele Renovierungs- und Umbauarbeiten ausgeführt und Dank der liebevollen Ausgestaltung der Räume durch unsere Einrichtungsleiterin Anja Lenze ein tolles zu Hause Gefühl für unsere Teilnehmerinnen geschaffen.

In der AWAG Mittelmühle in Datterode hat sich auch viel getan:
Die Scheune und der Garten wurden mit Unterstützung des Kreises von all dem Bauschutt befreit, mehrere Zäune und Tore sorgen für eine neue Raumaufteilung und bieten nun Platz für unseren Schäferhund und zwei Schafe. Es wurde mit Unterstützung der Gemeinde und der Nachbarschaft im Mühlgraben die Sandbänke eingeebnet und ein Grillplatz neu angelegt.

Die Küche ist komplett renoviert: der Boden begradigt, die Wände isoliert und neue Elektrik installiert. Dank einer Spende hat die Küche nun auch neue Geräte und Schränke, was die tägliche Versorgung und das gemeinsame Kochen erleichtert.

Zur Zeit wird das Wohnzimmer mit Hilfe von Fachfirmen komplett renoviert, die Zwischendeck zum Keller und teilweise das Fachwerk in den Wänden wurde schon erneuert. Es wird noch eine neue Verkabelung verlegt und installiert. Im Februar soll alles fertig werden. Das Kellergeschoss dient nun als Stromspeicherraum, gespickt mit Batterieblöcken, die bis zu 40 KWh aufnehmen können.

Der Dreschschuppen bekam in 2016 eine neue Rückwand, einige neue Holzträger und das Dach wurden saniert. Auch hier war wieder Platz zur Erweiterung der Photovoltaik-Anlage.

Für 2017 ist die Sanierung und der Ausbau eines weiteren AWG Standortes in Datterode geplant, der fußläufig nur 2 Minuten von der Mittelmühe entfernt ist.